Neujahrsrede-20XX.pdf

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(file: @@Neujahrsrede-20XX.pdf@@)Die Neujahrsrede für das Jahr der Trennung von Kirche und Staat ist schon geschrieben: Sehr geehrte, liebe Mitmenschen Alles Gute, Glück und Gesundheit im neuen Jahr! Beim Rückblick auf die Ereignisse des vergangenen Jahres ist besonders eines hervorzuheben: die vollständige Trennung von Kirche und Staat in der gesamten Schweiz. Säkulare Werte wie Aufklärung, Demokratie und Menschenrechte haben sich trotz erbittertem Widerstand der Kirche durchgesetzt. Überzeugungen und Praktiken der Kirche waren zunehmend unvereinbar mit humanistischen und demokratisch-rechtsstaatlichen Werten. Sie hat damit selbstverschuldet ihren staatlich privilegierten Status als kulturprägende, Werte vermittelnde Institution eingebüsst. Mit der Verankerung der Trennung von Kirche und Staat in der Verfassung passt die Schweiz ihre Rechtsordnung an diese Entwicklung an. Gleichzeitig stärkt sie damit ihre staatliche Souveränität. Kirchlich geprägte machtpolitische Werte und Praktiken, wie die Vereinigung sämtlicher Staatsgewalten in einer Person, wie bei der absoluten Monarchie des Vatikans oder wie sie auch bei Diktaturen anzutreffen ist, werden als mit demokratisch-rechtsstaatlichen Werten unvereinbar abgelehnt. Die Kirchen konnten bisher systematisch und unbehelligt vor staatlichem Eingriff gegen säkulare Werte wie zum Beispiel Demokratie, Menschenrechte und Gleichberechtigung der Geschlechter verstossen. Heute bekannte und allfällige weitere noch verborgene Missstände in der Kirche können jetzt dank der vollständigen Durchsetzung säkularer Werte behoben werden. Der weltlich ausgerichtete Staat wird mit dem neuen Verfassungsartikel beauftragt, freies und kritisches Denken im Sinne einer wissenschaftlich-säkularen, an keine Glaubenssätze oder Ideologie gebundenen Weltanschauung und eine humanistisch-menschenrechtsorientierte Ethik zur Maxime zu erheben und zu fördern. Mit dieser konsequenten Durchsetzung säkularer Werte haben wir die Autorität und Glaubwürdigkeit der Schweiz als demokratischer Rechtsstaat nach innen wie nach aussen gestärkt. Darauf können wir stolz sein. Stellen wir uns einmal vor, was dieser richtungweisende Verfassungsartikel unserem Land für Veränderungen und neue Möglichkeiten eröffnet: Traditionelle Anliegen religiöser Lehren in modernem Rechtsstaat integriert Die Schweiz als moderner Rechtsstaat hat längst traditionelle Anliegen religiöser Lehren mit starren kirchlichen Absolutheitsansprüchen in säkular-religionsneutraler Art integriert und passt sie dynamisch sich ändernden gesellschaftlichen Anliegen an. Er erfüllt diese religionsneutral und effizient: Bildung für alle, Sozialfürsorge für Bedürftige, Gesundheitswesen und Pflege für Kranke und Alte. Religionsfreiheit innerhalb der Schranken säkularer Werte Gläubige können ihr Denken und Handeln weiterhin im Schutze der Religionsfreiheit aus „göttlichen Offenbarungen“ „heiligen Aufträgen“ oder „religiösen Pflichten“ ableiten. Dieses Handeln, genauso wie dasjenige Konfessionsfreier, ist allerdings nur erlaubt, sofern und soweit es mit säkularen Werten vereinbar ist. So lassen sich Lebensverhältnisse und religiöse Freiräume schaffen, welche sowohl die persönliche Entfaltung des einzelnen als auch seine Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft fördern. Mensch im Mittelpunkt, nicht der Glaube Anstatt kirchlich-religiöser Minderbewertung von Menschen anderer oder ohne Religionszugehörigkeit stellen säkulare Maximen den Menschen als solchen – unabhängig von seiner Weltanschauung – in den Mittelpunkt. Das stärkt die Bedeutung von Menschenrechten als solche und gleichzeitig das einheitliche Verständnis weder kirchlich noch religiös, sondern humanistisch definierter Menschenrechte. Das Schulfach säkulare Ethik wird in der Schule zum Unterrichtsfach mit der höchsten identifikationsstiftenden Wirkung. Damit schafft die Schweiz die Grundlage für gegenseitige Toleranz von Menschen unterschiedlicher Kulturen. Ein wichtiger Schritt zu einer Schweizer Kulturgemeinschaft. Säkulare Wertschätzung und Verantwortung Die Ehe und Familie als lebenslange, monogame Sexualitäts-, Fortpflanzungs- und Erziehungsgemeinschaft gehört zu den jahrhundertealten, kulturprägenden christlichen Werten. Die weit überwiegende Mehrheit normal veranlagter Menschen, auch Christen, kann sie selbst bei bestem Willen nicht einhalten. Diese Tatsache artet leider immer wieder aus zu unmenschlichem Sexualverhalten und sexuellen Übergriffen insbesondere gegenüber Frauen und Kindern. Die Kirchen versäumten es, ein menschlich tragbares Partnerschafts- und Sexualleben zu kultivieren. Die Kultivierung des menschlichen Sexualverhaltens ist nötig und eine grosse Herausforderung für den Menschen, egal welcher Weltanschauung. Jetzt löst der Staat auch in diesem wichtigen Lebensbereich die Kirche als kulturprägende Institution ab. Stellen wir uns vor, wie die Bevölkerung in unserem Staat mit säkularen Werten vernünftige, lebensnahe Formen des Zusammen- und des Sexuallebens der Menschen erlaubt und kultivieren lässt. Stellen wir uns eine Lösung vor frei von verfehlten Scham-, Scheu- und Schuldgefühlen, dafür voll von säkular-humanistischer Wertschätzung und Verantwortung. Abschaffung der Privilegien der Landeskirchen Die Landeskirchen verlieren ihre Privilegien und das Recht, sich als öffentlich-rechtliche Körperschaft zu konstituieren. Sie müssen sich – wie alle anderen Interessengruppen in der Schweiz – in den gesetzlichen Schranken des privatrechtlichen Vereins oder der Stiftung neu organisieren. Die Kirchensteuern natürlicher und juristischer Personen werden ersatzlos abgeschafft. Die Kirchen müssen sich künftig wie ein Verein über jährliche Mitgliedergebühren finanzieren und deren Inkasso selbst vornehmen. Der Staat beendet jegliche Zahlungen an Landeskirchen für Leistungen von sogenannt „gesamtgesellschaftlicher Bedeutung“. Zukünftig werden staatliche Nachfragen nach Dienstleistungen öffentlich ausgeschrieben, sodass jeder Verein, auch weltanschaulich neutrale, eine Offerte einreichen kann. Die Kirchen und ihre ihnen nahestehenden Organisationen werden künftig vom Staat als Leistungsanbieter der Privatwirtschaft in einem offenen Markt behandelt und unterliegen wie alle übrigen juristischen Personen der Besteuerung. Auf dem Weg zur aufgeklärten Kulturgemeinschaft Säkulare Werte und Maximen lösen untragbar gewordene kirchliche Werte und Praktiken ab, schaffen Orientierung und werden zum Identifikationsmerkmal einer aufgeklärten Kulturgemeinschaft. So ermöglicht die säkulare Wert-Orientierung uns, sowohl als Individuum als auch als Kulturgemeinschaft, eine Zukunft mit mehr Chancen und Möglichkeiten als je zuvor. Das ist ein ganz besonders guter Anlass zum Feiern und sich auf das neue Jahr zu freuen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Mitmenschen ein schönes Fest und ein gutes säkular geschütztes neues Jahr. Herzlichst Ihr Freies Denken