Recht auf Freiheit vor Religion

Leserbrief an das Schulblatt 8. Februar 2008

Das neue Fach 'Religion und Kultur' nimmt also langsam Gestalt an. Es ist erfreulich, dass die Schulblatt-Redaktion einen Zwischenbericht abgibt. Allerdings geben die Artikel im Schulblatt 01/08 für Konfessionslose wenig Grund zur Beruhigung. Im Editorial wird richtigerweise darauf hingewiesen, dass das Fach nicht als konfessioneller Religionsunterricht konzipiert ist, dies lässt die verfassungsmässig verankerte Religionsfreiheit für ein Pflichtfach nicht zu.

Religionsfreiheit impliziert auch das Recht auf Freiheit vor Religion. Für das neue Schulfach muss dies bedeuten, dass Kinder einen gleichwertigen Zugang zu humanistisch-aufklärerischen Thesen erhalten müssen. Um dies bei der Ausgestaltung der Lehrmaterialien zu gewährleisten, hat die Volksschulamtvorsteherin Regine Aeppli einen Vertreter der Freidenker-Vereinigung in den Kreis des begleitenden Runden Tisches der Religionsvertreter mit aufgenommen.

Im Schulblatt-Interview unter dem Titel «Es geht um Fairness» kommen allerdings ausschliesslich Vertreter der drei Buchreligionen zu Wort. Und deren Sorgen sind nur teilweise deckungsgleich mit denjenigen der Konfessionslosen - die in Stadt Zürich gemäss aktuellen Angaben Statistischen Amtes immerhin 14% der Bevölkerung ausmachen. So scheint die grösste Sorge der am Gespräch beteiligten reformierten Pfarrerin, dass der Buddhismus in rosa, das Christentum hingegen nur von seiner dunklen Seite dargestellt werden könnte. Der katholische Priester sich nicht vorstellen, dass eine nichtreligiöse Person zum Unterrichten befähigt ist, das sei wie wenn eine unmusikalische Person Musikunterricht erteilen würde, meint er. Im zweiten Artikel zum neuen Fach wird ein Kind mit den Worten zitiert «Wenn jemand eine andere Religion hat, ist er deswegen nicht schlechter». Aus den Portraits der fünf Sechstklässler wird klar, dass Kinder ein Interesse für verschiedene Weltanschauungen aufbringen. Es darf aber nicht sein, dass das neue Schulfach dazu führt, dass sich ein Kind gedrängt fühlt, aus der präsentierten Religionspalette eine auszusuchen. Das Fach muss vermitteln, dass eben auch säkulare Anschauungen gleichwertig sind.

Es geht dabei nicht nur um "Fairness", es geht schlicht um die Verfassungskonformität des neuen Fachs. Ein neues Schulfach, das gerichtlich ausgebremst werden muss, können wir uns schlicht nicht leisten, weder inhaltlich noch finanziell.

Andreas Kyriacou, Schulpfleger Stadtz Zürich