Freidenker 01/2000.pdf

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(file: @@Freidenker-200001.pdf@@)...Frieden schaffen lung), dauerte es fast 70 Jahre, bis 1993 die Konvention über chemische Waffen die Produktion und den Besitz solcher Waffen verbot. Erst 1995 wurden Verkauf und Gebrauch von Laserwaffen verboten und erst 1999 trat das Übereinkommen gegen Personenminen in Kraft, das die USA aber immer noch nicht unterzeichnet haben. Unsere Aufmerksamkeit muss als Nächstes der Elimination aller Nuklearwaffen gelten. Die Atommächte beharren nicht nur darauf, dass sie ihre derzeitigen Arsenale unbeschränkt lange erhalten können, sondern wollen weitere Modernisierungsprogramme realisieren und diese Waffen einsatzbereit halten. Die Vorräte nehmen laufend zu: Indien und Pakistan sind bereits Mitglied im "Club" und es ist zu optimistisch anzunehmen, dass andere Staaten nicht versucht sein könnten, ihre alten Strategien wieder aufzunehmen um selbst Atommacht zu werden. Auch wenn keine Regierung beabsichtigt, einen nuklearen Krieg anzufangen, birgt der heutige Zustand viele Gefahren, so den versehentlichen Abschuss, aber auch den Diebstahl von Waffen und damit verbundener Materialien und Technologien durch Terroristen oder NichtAtomstaaten. Angesichts der heute dominierenden Konflikttypen ist es aber ebenso dringend, auch den Handel mit konventionellen Waffen einzuschränken. Riesige Mengen von Waffen allen Kalibers sind über den ganzen Planeten verstreut, darunter besonders viele kleinen Kalibers, die Waffen der Wahl bei heutigen innerstaatlichen Konflikten. Eine alte Forderung der Menschenrechtsorganisationen und anderer Gruppierungen ist ein verbindliche Vereinbarung, keine Waffen an Regierungen zu liefern, welche keine freien Wahlen abhalten, die Menschenrechte mit Füssen treten oder in bewaffnete Aggressionen verwickelt sind. Auf freiwilliger Basis ist dies in der EU 1998 zustande gekommen, aber es wird sich noch weisen müssen, ob die Regierungen sich daran halten werden. Obwohl dies ein entscheidender Schritt zum Frieden ist, müssen wir für das nächste Jahrhundert ein ehrgeizigeres Ziel anstreben: Ein generelles Übereinkommen gegen den Waffenhandel, mit dem Ziel, diesen aus der Routine der kommerziellen Transaktionen herauszunehmen und zu einem höchst ungewöhnlichen Ereignis zu machen. Es wird auch Zeit, den Nutzen grosser Armeebestände neu zu überdenken und zur Norm zu gelangen, dass das Halten einer mit Angriffswaffen ausgerüsteten Armee unakzeptabel ist. Länder, welche keiner offensichtlichen äusseren Drohung ausgesetzt sind, müssen ihre Militärausgaben radikal kürzen und sich auf reine Fortsetzung S. 2 Fortsetzung von FREIDENKER 12/99 Obwohl sich die Welt vom nuklearen Abgrund zurückgezogen hat, ist Abrüstung aktuell wie nie zuvor. Es gibt immer noch zuwenig international anerkannte Normen, welche die Produktion, den Besitz und den Handel von Waffen beschränken. Jahrzehntelange Anstrengungen zur Rüstungskontrolle haben nur schwache Einschränkungen bei ganz bestimmten Waffentypen erreicht. Die Liste jener Waffen, die seit 1899 – als die erste Haager Friedenskonferenz die sogenannten Dumdum-Geschosse bannte – geächtet worden sind, ist sehr kurz verglichen mit jener der nicht regulierten Waffen. Obwohl 1925 der Gebrauch von chemischen Waffen verboten worden ist (eine seither mehrmals verletzte Rege- THEMEN in diesem FREIDENKER Frieden schaffen 1-3 Freidenkerspende 2000 3 Freidenker-Umschau 4 Waffen weg! 5 Aus den Sektionen 6 FREIDENKER 1/2000 1 Fortsetzung von S. 1 Defensivwaffen beschränken. Gewisse Länder könnten schon bald ganz auf eine Armee verzichten und damit Costa Rica, Haiti und Panama folgen, den Pionieren des 20. Jahrhunderts, die ihre ständigen Armeen aufgelöst haben. Solche Zeichen sind zwar ermutigend, aber eine weitreichende Verbesserung kann nur durch einen systematischen Ansatz erreicht werden. Eine Initiative von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit dem Namen "Global Action to Prevent War" hat einen vierstufigen Prozess über 20 bis 40 Jahre vorgeschlagen, mit dem eine wesentliche Reduktion von Armee- und Waffenbeständen erreicht werden kann. Nach intensiven Konsultationen unter NOGExperten ist diese Initiative im Mai 1999 lanciert worden. Das zweite generelle Prinzip, auf dem Friedens- und Sicherheitspolitik basieren müssen, ist die Universalität von Normen. Das heisst, alle Waffenbeschränkungen müssen für alle Staaten gleichermassen gelten. Diese Forderung steht in grossem Kontrast zu jenen Abkommen, die derzeit in den westlichen Nationen en vogue sind. Diese erlauben ausgewählten Staaten, bestimmte Waffen zu halten, die anderen verboten sind. Der Atomsperrvertrag verhindert den Kauf von nuklearen Waffen an Staaten, welche bis heute keine besitzen, also an die Mehrheit der Staaten. Aber die Atomstaaten zeigen bisher wenig Interesse, ihren Teil am Abkommen ebenfalls einzuhalten: Ernsthafte Verhandlungen für die nukleare Abrüstung aufzunehmen. Fortgeschrittene Länder investieren Unsummen in das Ziel, Monopolisten für bestimmte speziali- sierte Waffen zu werden. Daraus resultiert eine Art globales Sicherheits-Apartheidsystem. Dieser schiefe Ansatz für eine Sicherheitspolitik ist nicht nur aus globaler Sicht unakzeptabel, sondern auch längerfristig nicht erfolgversprechend. Solange ein Land eine bestimmte Sorte Waffen besitzt, werden andere immer danach trachten, diese auch zu bekommen, sei es als direktes militärisches oder als Macht- und Prestigemittel. Es tönt lächerlich, aber dieses Spiel haben die Staaten schon seit Jahrhunderten gespielt. Die Fortsetzung ist bestenfalls eine riesige Verschwendung von Ressourcen, im schlimmsten Fall aber bedeutet sie ein regionales und globales Sicherheitsrisiko. Das dritte Prinzip einer künftigen Friedens- und Sicherheitspolitik ist die Prävention. Auch hier sind wesentliche Veränderungen notwendig. An der Haager Konferenz von 1899 bekräftigten die Regierungen ihren Wunsch, "die Kriegsgräuel so weit als militärisch möglich zu verhindern"; ein Wunsch, der unerfüllt blieb. Die begrenzte Wirksamkeit von Kriegsgesetzen hat sich in den letzten 100 Jahren deutlich gezeigt. Es würde weit mehr Sinn machen, auf die Prävention von gewalttätigen Konflikten zu setzen. Bislang war von den Staatsführer kaum mehr als Lippenbekenntnisse zur Prävention zu vernehmen, so erhielt 1997 der neu eingerichtete US-Fonds "für präventive Aktionen gegen Konflikte" riesige rhetorische aber kaum finanzielle Unterstützung. Es könnte viel erreicht werden, wenn wir ein Frühwarnnetz für Konflikte einrichten könnten und permanente Schlichtungsstellen in allen Regionen der Welt. Mehr Mittel für präventive Diplomatie und ein Gruppe begabter und erfahrener Menschen, welche als „fliegende“ MediatorInnen für die internationale Gemeinschaft arbeiten. Konfliktprävention ist aber keine exakte Wissenschaft, sie wird immer ein Prozess von Versuch und Irrtum bleiben. Auf der einen Seite wird es Fälle geben, wo das Frühwarnsystem Fehlalarme melden wird. Auf der anderen Seite aber täte die internationale Gemeinschaft gut daran, eine gewisse Redundanz in den Konfliktbewältigungsapparat einzubauen, damit ein vielfältiges Repertoire von Ansätzen zur Vermeidung von Massenauseinandersetzungen aufgebaut werden kann. Das Verhindern von solchen Eskalationen ist keineswegs eine einfache Aufgabe, aber diese Probleme verblassen angesichts jener die entstehen, wenn ein Blutvergiessen beendet werden soll. Konfliktprävention durch Mediation wird nicht in jedem Fall gelingen. Deshalb braucht es zusätzliche Mittel. Insbesondere muss die Idee von friedenserhaltende Missionen weiter ausgebaut werden, damit diese ihren Namen wirklich verdienen und nicht als Feuerwehrübung in allerletzter Minute eingesetzt werden. Im Laufe der letzten paar Jahre sind wir dazu übergegangen, friedenserhaltenden Missionen als fruchtlose Anstrengung zu betrachten: Zuwenig Leute, zu schlecht ausgerüstet und zu spät eingesetzt, unfähig einen Frieden zu sichern, der schon kaum mehr existiert. Für präventive Einsätze braucht es eine neue, permanente, gut ausgebildete Kraft unter Führung der UNO. Sie würde eingesetzt als Antwort auf klare Zeichen von bevorstehenden gewalttätigen Auseinandersetzungen entlang von Staatsgrenzen oder 2 FREIDENKER 1/2000 sogar innerhalb von Staaten. Dieser Einsatz würde nicht die Beendigung des Konflikts bedeuten, sondern Raum schaffen für den Einsatz der Mediation. In unserer schnelllebigen Zeit mit unserer Vorliebe für Blitzaktionen mit bestimmten Ergebnissen, stellen wir leider Ablehnung fest gegenüber den typischerweise offenen Haltungen, welche Prävention und Mediation benötigen und gegenüber den Kompromissen und Nuancen, ohne die Konfliktlösung nicht erfolgreich sein kann. Politiker sind versucht anzunehmen, dass Militärschläge wie jene gegen Serbien – mit dem Ziel, dessen Politik im Ko-sovo zu ändern – eine schnelle, klar umrissene Alternative seien. Aber dies ist eine fragwürdige Position. Auch wenn diese Politik gradlinig ausgeführt wird, ist das Ergebnis – z.B. im Falle Iraks, wo es das Ziel war, die Produktion von Massenvernichtungsmitteln zu verhindern – bestenfalls zwiespältig. Ohne geduldiges und frühzeitiges Engagement sind Konflikte nicht lösbar. Weitestgehende Entwaffnung, weltweite Rüstungskontrolle und intensive Präventionsanstrengungen müssen zudem mit einer weitsichtigen Agenda der menschlichen Sicherheit verknüpft werden. Wir werden nicht darum herum kommen, jene Faktoren wahrzunehmen, welche zu gewalttätigen Konflikten führen. Das Gefüge der Gesellschaften muss gestärkt, die Regierungsformen verbessert werden. Ziele wie eine gerechtere Verteilung des Reichtums, die Ausbalancierung der Interessen verschiedener Gruppen, die Schaffung von genügend Arbeitsplätze, Armutsbekämpfung und der Schutz oder die Wiederherstellung von Ökosystemen sind zentrale Aufgaben in einer Freie JungdenkerInnen Freidenkerspende 2000 Nach dem schönen Erfolg der ersten Freidenkerspende (über das Ergebnis und die Übergabe wird im nächsten FREIDENKER ausführlich berichtet) erwarten die Freien JungdenkerInnen Ihre Vorschläge für Projekte, denen Sie gerne die Freidenkerspende 2000 zukommen lassen würden. An der Delegiertenversammlung 1999 ist von verschiedener Seite gewünscht worden, dass vermehrt Projekte aus der Schweiz zur Wahl stehen sollen. Bitte nennen Sie uns Projekte, die Ihnen 1999 durch besondere humanitäre Leistungen aufgefallen sind. Senden Sie Ihre Anregungen an: Daniel Aellig, Im Moser 17, 3704 Krattigen. Merci! Anträge an den Zentralvorstand An der letzten ZV-Sitzung vom November 1999 haben die Freien JungdenkerInnen mehrere Anträge eingebracht. Der Zentralvorstand hat die Anträge zur Restrukturierung innerhalb des ZV wohlwollend aufgenommen. Die Freien JungdenkerInnen haben insbesondere die Schaffung einer offiziellen Pressestelle und die Definition von Ressorts innerhalb des ZV angestrebt. An der Sitzung des Grossen Vorstandes im Dezember wurden bereits Änderungen auf die DV 2000 hin angekündigt. Am 10. Januar 2000 werden wir uns in Olten mit einer zweiten Inserateaktion beschäftigen. Interessierte und fachlich versierte FreidenkerInnen sind eingeladen, an dieser Sitzung teilzunehmen. Parallel dazu läuft der Ausbau der FVS-Homepage. In der Rückschau hinterlässt das Projekt Freie JungdenkerInnen einen zwiespältigen Eindruck. Tatsächlich sind die Aktiven mit grosser Zuverlässigkeit jeweils im Bahnhofbuffet Olten präsent gewesen. Leider ist es aber trotz mehrfacher Anstrengung nicht gelungen, die Gruppe (6-8 Personen) zu erweitern. Zudem hat sich die Doppelstruktur ZV / Freie JungdenkerInnen als relativ schwerfällig erwiesen. Wir werden uns deshalb im neuen Jahr darüber Gedanken machen, ob wir in dieser Form weiterarbeiten wollen. rc Welt, in der riesiges ökonomisches Wachstum und weitverbreitete und zunehmende Ungleichheit unsere ökologischen Grundlagen zerstören, die sozialen Probleme verschärfen und ethnische Gegensätze anheizen. Sicherheitspolitik wird also im nächsten Jahrhundert wesentlich über militärische Ansätze hinaus gehen und sich mit den sozialen, ökonomischen, demografischen und ökologi- schen Bedingungen auseinandersetzen müssen, welche die Wurzeln der meisten Konflikte bilden. Michael Renner Der Autor ist als Politologe am Worldwatch-Institut in Washington tätig. Der Artikel erschien unter dem Titel "Ending Violent Conflict" im Worldwatch Paper 146 und unter "How to abolish war" in der amerikanischen Zeitschrift The Humanist July/August 1999. Übersetzung und Kürzung: Reta Caspar FREIDENKER 1/2000 3 Freidenker-Umschau USA Der Tod einer Schülerin mobilisiert Jugendliche in allen Teilen der USA. Auf Dutzenden von Websites wird Cassie wegen ihres Glaubens und ihres Mutes als Vorbild idealisiert. Das Mädchen war eines von 13 Opfern von zwei schwerbewaffneten Schulkameraden an einer Highschool in Colorado. Die Jugendlichen glauben, dass Cassie erschossen wurde, weil sie sich zu Gott bekannte. Einer der Todesschützen habe seine Waffe auf sie gerichtet und gefragt, ob sie an Gott glaube. Weil sie die Frage bejaht habe, sei sie niedergeschossen worden. Die Polizei erklärt, dass der vielzitierte Dialog durch Zeugenaussagen nicht eindeutig zu belegen sei. Die christliche Jugendbewegung an den Schulen der USA war noch nie so stark wie heute. Tausende von Bibel- und Gebetsklubs wurden in den letzten zehn Jahren an Mittelschulen und Highschools gegründet. Solche religiöse Gruppen sind erst seit 1990 an öffentlichen Schulen erlaubt. Sie waren 1963 vom Obersten Gerichtshofs in Washington unter Berufung auf die Trennung von Kirche und Staat verboten worden. 1984 verabschiedete der Kongress allerdings ein Gesetz, das sogenannte Prayer Clubs an öffentlichen Schulen erlaubt, sofern sie von Schülern freiwillig während deren Freizeit organisiert werden. Das Gesetz (die Equal Access Act) war zwar umstritten und wurde vor Gericht angefochten. 1990 wurde es jedoch vom Obersten Gerichtshof in Washington für verfassungsmässig erklärt. Christliche Aktivisten versuchen unterdessen ihren Einfluss in den Schulen weiterauszubauen. Gegen den Widerstand von Bürgerrechtsorganisationen wie der American Civil Liberties Union setzen sie sich unter anderem dafür ein, dass in den Schulräumen die Zehn Gebote aufgehängt werden. Ausserdem wollen sie, dass die Schüler verpflichtet werden, vor Unterrichtsbeginn an einer Reflexionsminute teilzunehmen. Solche Schweigeminuten wurden von einigen Gerichten gebilligt, solange die Schüler tatsächlich zum Schweigen angehalten waren. Die Gerichte haben dagegen jene Gesetze zurückgewiesen, die gebetsähnliche Formulierungen vorsahen. Der Oberste Gerichtshof in Washington hat 1962 zwar den Schulleitungen verboten, öffentliche Gebete zu organisieren. Er hat bisher jedoch nicht darüber entschieden, ob Schüler in eigener Initiative beten dürfen. Die Rechtsprechung in den Teilstaaten variiert demzufolge. In Texas, Louisiana und Mississippi zum Beispiel dürfen Schüler während Abschlussfeiern auf eigenen Wunsch öffentlich beten; in den neun westlichen Teilstaaten berät zurzeit darüber, ob Schüler vor Footballspielen ein öffentliches Gebet sprechen dürfen. NZZ 4.12.1999 Zürich Die Evangelisch-reformierten Kirchensynode hat den Bericht des Kirchenrates “Stand der Reformarbeiten zum Verhältnis zwischen Kirche und Staat” zur Kenntnis genommen. Die Kirchen erhalten vom Staat 49 Mio. Franken und von juristischen Personen 65 Millionen.; die Erträge aus den Kirchensteuern belaufen sich auf 223 Mio. Franken. Der Kirchenrat zeigt sich zwar bereit, über eine Abgeltung (Staatsbeiträge) zu verhandeln; er ist aber nicht bereit, auf "wohlerworbene, in der Kantonsverfassung verankerte Rechte entschädigungslos zu verzichten", wie es im Bericht heisst. Regierungsrat Markus Notter wies auf die Notwendigkeit hin, das bestehende Verhältnis zwischen Kirche und Staat einer sich verändernden Welt anzupassen. Das heutige Regelwerk sei komplex und unübersichtlich; die finanzielle Abgeltung schwer legitimierbar; daher müsse die Beziehung transparenter und einheitlicher definiert werden. Das Kirchengesetz müsse für alle öffentlichrechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften gleichermassen gültig sein. Allerdings hält Notter eine vollständige Neuregelung nicht für sinnvoll, da die historischen Besonderheiten ebenso berücksichtigt werden müssen. Für die Ausrichtung der künftigen Staatsbeiträge an die Kirchen soll laut Notter nicht mehr massgebend sein, ob sich diese aus der Zeit der Säkularisierung kirchlicher Güter herleiten lassen, sondern vielmehr, welche gesamtgesellschaftlich relevanten Leistungen erbracht werden. Dafür sollen die Kirchen mit einem Pauschalbetrag abgegolten werden anlog zur Universität, die vom Kanton Kostenbeiträge erhält. Notter legte ferner dar, dass in den Augen der Regierung die Kirchen keine Abteilungen für soziale Dienstleistungen der Verwaltung seien, sondern eigenständige Institutionen, deren Autonomie durch den Abbau von staatlichen Regelungen zu stärken sei. Die anstehenden Neuerungen im Bereich Kirche und Staat werden ihren Niederschlag in der Kantonsverfassung (Artikel 64) und im Kirchengesetz finden. Mit ersten Entwürfen rechnet man bis Herbst 2000. Anschliessend werden sie in eine breite Vernehmlassung gehen. Der Kantonsrat wird die Vorlagen frühestens im Frühling 2001 beraten. Mit einer Volksabstimmung über die einzelnen Reformvorlagen (in Kenntnis des gesamten Reformpakets) ist im Laufe des Jahres 2002 zu rechnen. NZZ 1.12.1999 4 FREIDENKER 1/2000 Türkei Das oberste Berufungsgericht in Ankara hat das Kopftuchverbot für türkische Studentinnen bestätigt. Die Richter hoben eine Entscheidung des Bezirksgerichts in Samsun auf, das die Universität der Hafenstadt am Schwarzen Meer in erster Instanz dazu verurteilt hatte, einer Studentin das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht zu gestatten. Dieses Urteil verstosse gegen die weltliche Verfassung der Türkei, in der die Trennung von Staat und Religion festgeschrieben sei. NZZ 10.12.1999 Grenzgedanken Waffen weg! UNESCO Auf der Liste des Weltkulturerbes figurieren auch Brennpunkte von Religionen und Konfessionen: Die Vatikanstadt mit dem Petersdom, Jerusalem; die LutherGedenkstätten in Eisleben und Wittenberg; Lumbini in Nepal, der Geburtsort Buddhas; der Potala in Tibet; Qufu in China, Geburts- und Sterbeort von Konfuzius. Auf der Liste fehlen - vorläufig? - die religiösen Zentren des Islams, und zwar des sunnitischen wie des schiitischen Bekenntnisses. NZZ 17.12.99 Angesichts der sich häufenden Amokläufe von frustrierten Erwachsenen und Jugendlichen, die sich mit einer Waffe Gehör oder was auch immer verschaffen wollen, ist es wohl langsam an der Zeit, gegen die unerträgliche Heroisierung der Schusswaffen etwas zu unternehmen und den Zugang zu diesen massiv zu erschweren. Wenn zum Beispiel ein Polizeivertreter nach dem blutigen Massaker in Bayern die Meinung vertritt, nicht die problemlose Verfügbarkeit der Waffe sei für die Tat ausschlaggebend gewesen, sondern die ausgeprägte Introvertiertheit des jugendliches Täters, dann sind bei einigen Leuten die Gedankengänge durch den Bleidunst wohl doch etwas vernebelt worden. Schusswaffen sind zum Töten von Tieren und Menschen konzipiert worden. Dass die zahlreichen Hobbyschützen ihre Treffsicherheit immer noch mit einem potenziellen Tötungsinstrument beweisen müssen, empfinde ich als Ausdruck eines falschverstandenen Traditionsbewusstseins. Ich bin der Meinung, dass Waffen in der heutigen hektischen und unübersichtlich gewordenen Zeit legalerweise nur noch bei der Polizei und der Armee Anwendung finden sollten. Der Mär vom unbescholtenen Bürger, der angeblich keiner Fliege etwas zu leide tun kann, traue ich schon lange nicht mehr. Die Bevölkerung sollte folglich radikal entwaffnet werden. Einzig für das Jagdwesen wäre eine spezielle Ausnahmeregelung vonnöten. Ich habe bereits den Aufschrei der um die Freiheit und Eigenverantwortlichkeit besorgten Bürger im Ohr, doch gibt es wohl geeignetere und risikolosere Versuchsfelder, diese wertvollen Eigenschaften und Tugenden zu fördern. Ich bin mir völlig bewusst, dass es immer möglich sein wird, Schusswaffen auf illegalen Wegen zu erwerben. Doch es ist die Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass Menschen nicht aus einer Kurzschlusshandlung heraus ohne weiteres zur Waffe greifen können; auch nicht bei sogenannten Notwehrhandlungen, denn sonst bewegen wir uns vom einigermassen sicheren Rechtsstaat zum unkontrollierbaren und bereits überwunden geglaubten Recht des Stärkeren zurück. Eine Schusswaffe ist nebst dem Reichtum wohl das grösste Machtinstrument, das die Menschheit kennt. Ich glaube wir sind nicht schlecht beraten, wenn wir in beiden Fällen versuchen, die potenziell davon ausgehende zerstörerische Kraft in möglichst engen Grenzen zu halten. Peter Bürki FREIDENKER 1/2000 5 Internationale Humanistische und Ethische Union IHEU e aus den Sektionen Freidenker – Freimaurer; ein unvereinbarer Gegensatz? Als "Information aus erster Hand" kündigten die beiden Basler Sektionen ihren diesjährigen gemeinsamen Herbstanlass vom 21. November an. Der Referent, Dr. D. Mebes aus Schwetzingen (D), konnte uns sehr praxisbezogen Vorstellungen und Tätigkeit der Freimaurerei erläutern und die historische Entwicklung in den über 270 Jahren ihres Bestehens nachzeichnen. Die Geheimhaltung der Riten und ideellen Inhalte dieser Gemeinschaft begünstigten seit der Gründung die Entstehung und Verbreitung der wildesten Gerüchte bei Aussenstehenden. Effektiv wird aufgrund sozialutopischen Gedankenguts eine dogmenlose Kultgemeinde angestrebt. Jedes der heute ca. 5 Millionen Mitglieder verpflichtet sich zu brüderlicher Koexistenz. Bis 1877 war bei den Ritualen die Bibel immer präsent (obwohl auch Andersgläubige Aufnahme fanden), dann wurde von französischen "Logen" die Freigabe dieser Regel beschlossen, d.h. es konnte ein unbedrucktes Buch an ihre Stelle treten. Dies begründete die Trennung in einen "französischen", eher progressiven, und einen "englischen", traditionellen Flügel, welche einander gegenseitig nicht anKennen Sie den Unterschied zwischen einem Kamel und einer Mücke? Nein - dann sind Sie nicht am Liechterfäscht 1999 in Winterthur gewesen. Schade, denn sie haben Vieles verpasst: Angefangen bei den gut gewählten, besinnlichen Worten von Jürg Caspar, ergänzt von Marcel Bollinger, über das feine Mittagessen, samt Dessert, bis zum ausgezeichneten Gesangs- und Klaviervortrag von Sergej Aprischkin (dem bestimmt eine grosse Karriere bevorsteht), den Basel Imagine There's No Heaven: A Future Without Religion Der IHEU-Vorstand trifft sich im Mai 2000 anlässlich der Konferenz zum 20. Geburtstag des amerikanischen Magazins Free Inquiry in Los Angeles, California. Unter dem Tagungstitel "Imagine There’s No Heaven" werden WissenschaftlerInnen, Intellektuelle, PolitikerInnen, AktivistInnen und KünstlerInnen zusammentreffen und sich mit den Chancen und Risiken des neuen Jahrhunderts beschäftigen. Themen werden unter anderen sein: Secular Humanism and Politics Scientific Revolutions of the Twenty-First Century Reason and Superstition in the Entertainment Industry Humanist Manifesto 2000: Developing a New Global Ethics The Future of Sex Will Secularism Survive? The Student Freethought Revolution Informationen und Unterlagenauf dem Zentralsekretariat der FVS oder auf der FVS-Homepage: freidenker.ch. rc erkennen. Was nun für die hiesige Zuhörerschaft besonders interessant war, war die farbige Schilderung der geistigen Stimmung im Basel der ersten zwei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Aus den Beständen der Uni-Bibliothek und der Freidenkerbücherei der Union trug der Autor eine überaus grosse Zahl bis dahin unbearbeiteter Fakten zusammen und konnte so zwischen Freidenkern und Freimaurern zahlreiche Parallelen der Entwicklung infolge der Befreiung von kirchlicher und traditioneller Bevormundung aufzeigen. Die abschliessende, kurze Diareihe zeigte u.A. die Nummer 1 der schweizer Zeitschrift "Freidenker", von welcher offenbar nur ein Exemplar überlebt hat, wogegen die Folgenummern gar nicht mehr existieren. Oder könnte uns ein Glücksfall, z.B. beim Aufräumen eines Dachbodens, aus dieser "Geschichtslosigkeit" befreien? Also bitte: beim nächsten Zügeln alles nochmals genau durchsehen! A. Wilhelm (N.B. Anlässlich der letzten Sitzung des Grossen Vorstandes informierte uns Freund Jean Kaech, dass in der Berner Bibliothek unsere Zeitung lückenlos in gebundener Form vorliegt.) das Letzte "Frauen sind im Allgemeinen nicht sehr intelligent und deshalb nicht sehr vertrauenswürdig. (...) Im Allgemeinen ist die Trennung von Ehemann und Ehefrau auf das Verhalten der Frau zurückzuführen: Scheidung findet aufgrund weiblicher Schwäche statt. Für eine Frau ist es daher das Beste, den Anweisungen ihres Ehemannes zu gehorchen. Das macht das Familienleben sehr friedlich." Srila Prabhupada Vordenker der Krishna-Anhängerschaft St.Gallen St. Galler Scherzfragen und natürlich dem gemeinsamen Lottospiel mit den vielen schönen Preisen. – Den Winterthurern sei für die Organisation dieses gelungenen Festes herzlich gedankt. Übrigens: Die Antwort auf die anfangs gestellte Frage: Ein M. Beim grossen Tier klein geschrieben, beim kleinen Lebewesen gross! Wer das Liechterfäscht 1999 verpasst hat: Im Jahr 2000 gibts sicher wieder eines. S. Breitler 6 FREIDENKER 1/2000 Dringende Bitte an unsere Leser √ JungdenkerInnen Freie Nächstes Treffen in den Sektionen Basel (Union) Jeden letzten Freitag im Monat ab 19.00 Uhr Freie Zusammenkunft im Restautrant "Storchen" Basel. Jeden 2. Dienstag im Monat Vorstandssitzung um 19 Uhr in unserem Lokal. Sonnwendfeier 2000 Samstag, 29. Januar 2000 siehe nebenstehendes Inserat Die Post wird ab 1.1.2000 für alle von ihr gemeldeten Adressänderungen Fr.1.50 berechnen. Um diese vermeidbaren Mehrkosten einzusparen, bitten wir alle Leser, uns Adressänderungen im Voraus zu melden. Adresse, Telefon oder Fax finden Sie im FREIDENKER auf S. 8, unter "Zentralsekretariat". Besten Dank! Der Zentralsekretär Montag, 10. Januar 18.30 bis ca. 21.30h Bahnhofbuffet Olten Thema: Werbung Kontaktpersonen: V. Aldridge 061 261 54 27 R. Caspar 031 911 00 39 Die Basler Freidenker laden ein zur Basel (Vereinigung) Sonnwendfeier 2000 Samstag, 29. Januar 2000 siehe nebenstehendes Inserat Sonnwendfeier Samstag, 29. Januar 2000 Restaurant "Drei Könige" Kleinhüningeranlage 39 (Tram 8 bis Endstation) Saalöffnung 15 Uhr Programm: Bern Wer hat Zeit und hilft mit bei den Archivarbeiten? Samstag, 8. Januar 2000 14 Uhr im Freidenkerhaus in Bern. Anmeldung bei 031 372 56 03 "Diefflieger" (bekannt aus TV) Schöne Tombola Eintritt frei - kein Konsumationsaufschlag Mitglieder, bringt eure Verwandten, Freunde und Bekannten mit! Wer besucht uns von auswärts? Freidenker Union & Freidenker Vereinigung Basel Schaffhausen Jeden 3. Donnerstag im Monat, 20.00 Uhr, Freie Zusammenkunft im Rest. "Falken", Schaffhausen St. Gallen Mittwoch, 19. Januar 2000 Freie Zusammenkunft 10 Uhr Metro-Bar beim Hauptbahnhof Winterthur Mittwoch, 5. Januar 2000 Mittwochstamm 20 Uhr Restaurant "Casino", Winterthur Zürich Dienstag, 11. Januar 2000 Freie Zusammenkunft 14.30 Uhr Thema: Planung der Themen für die Dienstagsveranstaltungen im neuen Jahr. Restaurant "Cooperativo" Strassburgstr. 5 FREIDENKER 1/2000 7 FVSFreidenker-Vereinigung der Schweiz Mitglied der Weltunion der Freidenker und der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union Trauer Redner Basel (Vereinigung) 061/421 67 87 oder 061/42112 80 Basel (Union) 061/321 39 30 oder 061/601 03 23 Bern 031/312 04 07 oder 031/372 56 03 Grenchen 076/53 99 301 oder 032/645 38 54 Luzern und Innerschweiz 041/420 45 60 oder 041/360 50 45 Schaffhausen 052/685 13 62 St. Gallen 052/337 22 66 Vaud Waadt 026/660 46 78 ou 022/361 37 12 Winterthur und Thurgau 052/337 22 66 Zürich Natel 079/646 20 64 Zentralsekretariat FVS 052/337 22 66 falls unter der regionalen Nummer niemand zu erreichen ist. Regional- und Orts- Gruppen Freidenker-Vereinigung Sektion Basel und Umgebung *auch Fax Postfach 302, 4012 Basel Präsidium: Y. Andrek 061/401 35 19* Vizepräsident: E. Meuli 061/681 27 71 Kassier: R. Wenger 061/692 86 27* Sekretariat: H. Bamert 061/731 19 46* Mitgliederdienst: R. Frey 061/421 12 80* Bestattungen: L. Bloch 061/421 67 87* Freidenker-Union Region Basel USF Postfach 4471, 4002 Basel Präsident: 061/312 47 54 Auskünfte/Informationen: 061/321 39 30 oder 061/601 03 23 Mitgliederdienst/Krankenbesuche/ Bestattungen: 061/321 39 30 Postkonto: 40-4402-5 Bestattungsfonds: 40-4007-5 Association vaudoise de la Libre Pensée Case postale 131, 1000 Lausanne 17 Secrétariat: 026/660 46 78 Président: J.P Ravay 022/361 94 00 Ortsgruppe Winterthur Büelrain 4, 8545 Rickenbach ZH 052/337 22 66 (J.L. Caspar) Ortsgruppe Zürich Postfach 7210, 8023 Zürich Präsident: W. Strebel 055/414 23 63 Familiendienst: M. Dobler 01/341 38 57 FREIDENKER - BIBLIOTHEK Zürich, im Sozialarchiv Stadelhoferstr. 12 (Nähe Bellevue) Bücherausgabe: Mo. - Fr. 10–20 Uhr Sa. 10–13 und 14–16 Uhr Auskunft: Tel. 01/251 80 66 FREIDENKER - BIBLIOTHEK Basel, Burgunderstr. 8-10 im Hof, Parterre Hinterhaus, Tram 6 und Bus 33/37 Station Schützenmattstrasse jeden zweiten Dienstag im Monat, 19-21 Uhr, oder nach Vereinbarung Tel. 061/321 39 30 oder 601 03 23 Ortsgruppe Bern Postfach, 3001 Bern Familiendienst: 031/372 56 03 (Kaech) oder 031/901 31 13 (Lehmann) Lyss-Seeland-Biel 032/392 33 30 (Lanz) Libre Pensée de Genève Case postale 189, 1211 Genève 16 022/756 40 49 (tél. et fax) J.P. Bouquet Sektion Grenchen und Umgebung Postfach 451, 2540 Grenchen Auskünfte: Peter Hess, Präsident: 032/645 38 48 oder 076/376 38 48 Mitgliederdienst/Krankenbesuche: Lotti Höneisen: 076 53 99 301 Regionalgruppe Luzern-Innerschweiz Präsident: E. Ochsner 041/440 76 36 Postfach 2908, 6002 Luzern Sektion Mittelland Postfach 637, 4600 Olten Präsident: Willi Zollinger 062/293 39 30 Freidenker Schaffhausen Postfach 186, 8222 Beringen 052/685 13 62 (Marcel Bollinger) Regionalgruppe St. Gallen Postfach 613, 9001 St. Gallen 071/351 29 81 (S. Breitler) FVS Zentralsekretariat Zentralkasse Büelrain 4 8545 Rickenbach ZH Tel. 052/337 22 66 Fax 052/337 22 20 Internet: http://www.freidenker.ch Postkonto: Winterthur 84-4452-6 Zuschriften an den Vorstand, Auskünfte, Adressänderungen, Materialbestellungen Adressänderungen an Postfach 14, 8545 Rickenbach Impressum Redaktion Reta Caspar im Täli19 Tel. 031/911 00 39 3052 Zollikofen e-mail: reta.caspar@swissonline.ch Redaktionsschluss 15. des Vormonats Jahresabonnement Schweiz: Fr. 25.– inkl. Porto Ausland: Fr. 30.– inkl. Porto (B-Post) Probeabonnement 3 Monate gratis Bestellungen, Adressänderungen und Zahlungen bitte an das Zentralsekretariat FVS. 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