"Wir sind nicht die Marionetten eines Gottes"
Niklaus Brantschen ist Jesuit und Zen-Meister, Andreas Kyriacou Atheist. Finden sie dennoch Gemeinsamkeiten? Ein Gespräch - geführt von den Migros-Magazin-Redaktoren Ralf Kaminski und Andreas Bättig - über Weihnachten, Gebete, das Jenseits und die Befreiung vom Gängelband der Religion.

Andreas Kyriacou und Niklaus Brantschen im Lasalle Haus. Foto: Nik Hunger (Migros-Magazin)
Von Ralf Kaminski und Andreas Bättig (Migros-Magazin)
Der Text erscheint im Migros-Magazin vom 20.12.2021 und ist online hier abrufbar.
Herr Brantschen, Herr Kyriacou, wie feiern Sie Weihnachten?
Niklaus Brantschen: Ich besuche einen Freund in einer Klinik, der an einem Burnout erkrankt ist. Ausserdem rufe ich Menschen an, von denen ich glaube, dass sie sich über einen Anruf freuen. Jedenfalls bleibt mir ein klassisches Fünf-Gang-Weihnachts-Menü erspart. Aber wir werden dann in der Klinik wohl noch einen Gottesdienst feiern – den ich selbst leiten werde. Wichtig ist für mich aber ohnehin die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr. Dann verbringe ich hier im Lassalle-Haus eine Woche schweigend mit einer Gruppe von 30 Leuten.
Andreas Kyriacou: Seit ich von Zuhause ausgezogen bin, habe ich nie mehr klassisch Weihnachten gefeiert. Wir treffen uns für ein gutes Essen mit der Familie, das ist alles. Einige Freidenker kommen aber am 21. Dezember zu einer Sonnenwende-Feier zusammen – eine Art Ersatzritual für Weihnachten, jedenfalls wenn nicht gerade eine Pandemie dies verhindert. Sie feiern den kürzesten Tag und die längste Nacht im Jahr.
Hat Weihnachten für Sie eine Botschaft, die über Familienzusammenkunft, Essen und Geschenke hinausgeht?
Kyriacou: Nicht wirklich. Aber es ist schön, dass man an diesen Tagen auch mal ein bisschen zur Ruhe kommen kann. Und ich amüsiere mich, dass die Medien jeweils zu Weihnachten und Ostern entdecken, dass die Weltanschauungen doch sehr divers geworden sind. Unter dem Jahr ist das kaum ein Thema, aber an Weihnachten sind die Gottlosen plötzlich begehrte Ansprechpartner.
Brantschen: Weihnachten ist zu einem Allerweltfest geworden. Mich hat sogar mal eine junge Japanerin gefragt, ob Christen denn auch Weihnachten feiern. (lacht) In Japan kommt man jeweils zu einer «Christmas Party» zusammen. Dabei hat diese Art zu feiern mit ausgiebigem Essen und Geschenken mit dem Christentum so viel gemeinsam wie die Taufe mit einer Dusche. Eigentlich sollte Weihnachten ein Fest des Erschreckens sein!
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