Schweiz immer religionsferner – Politik muss nun kirchliche Privilegien abbauen

Die Auswertungen des Bundesamtes für Statistik zeigen: Die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz werden immer religionsferner. Die Religionsgemeinschaften verlieren immer mehr Mitglieder und immer weniger Personen richten ihr Leben nach religiösen Überzeugungen und Praktiken. Die Politik muss darauf reagieren und die Trennung von Staat und Kirche an die Hand nehmen.

Ausschnitt Titelbild BfS-Broschüre vom 14.12.2020
Ausschnitt Titelbild BfS-Broschüre

Die am 14. Dezember präsentierten Ergebnisse zur Schweizer Religionslandschaft zeigen, dass in der Schweiz lebende Personen im Vergleich zur Erhebung vor fünf Jahren noch einmal religionsferner geworden sind. Inzwischen machen Personen ohne Religionszugehörigkeit 28 Prozent der Bevölkerung aus – gegenüber 2014 eine Zunahme von 21 Prozent. Bei den Personen unter 35 Jahren machen die Religionslosen bereits 35% aus.

Die zunehmende Säkularisierung lässt sich nicht nur daran erkennen, dass immer mehr Personen Religionsgemeinschaften verlassen - im November berichtete das Schweizer Pastoralinstitut, dass 2019 so viele Personen wie noch nie aus der Kirche austraten - sondern auch daran, dass selbst Kirchenmitglieder im Vergleich zu 2014 noch seltener Gottesdienste besuchen, noch weniger beten und noch weniger von den Grundannahmen "ihrer" Religion überzeugt sind. So glauben beispielsweise nur 51 Prozent der Katholiken und 40 Prozent der Protestanten an Gott. Und von einem Leben nach dem Tod sind nur 52 Prozent der Katholiken und 43 Prozent der Protestanten sicher oder eher überzeugt. All diese Werte sind gegenüber 2014 weiter gesunken.

Auch die gelebte Religiosität nimmt weiter ab. Nur eine Minderheit von 30 Prozent der Katholiken und 26 Prozent der Protestanten betet regelmässig. Und nur 37 Prozent der Katholiken und 26 der Protestanten besuchen mehr als fünfmal im Jahr einen Gottesdienst. Nicht minder religionsträge sind übrigens auch die Schweizer Muslime: Nur 31 Prozent beten regelmässig und lediglich 28 Prozent besuchen mehr als fünfmal im Jahr einen Gottesdienst

Monopole für die Kirchen und staatliche Subventionen müssen abgebaut werden

Die Säkularisierung findet also gleich doppelt statt: Immer weniger Personen fühlen sich in religiösen Strukturen aufgehoben. Und selbst unter denjenigen, die einer bestimmten Religion angehören, nimmt die Religion im Alltag einen immer geringeren Stellenwert ein.

Die Politik muss endlich auf diese Veränderungen in der Gesellschaft reagieren. Die FreidenkerInnen stellen zwei konkrete Forderungen:

  • Die in fast allen Kantonen üblichen jährliche Pauschalzahlungen in Millionenhöhe an die Kirchen müssen ein Ende nehmen. Entschädigungen sind zu beschränken auf in Leistungsvereinbarungen klar umrissenen Aufgaben.
  • In allen Lebensphasen, in denen Menschen geistigen oder emotionalen Beistands bedürfen, sollen sie zu gleichen Bedingungen neben der kirchlichen auch nichtkirchliche Unterstützung in Anspruch nehmen dürfen. Es ist für Bereiche wie der Seelsorge deshalb zwingend, dass der Staat auch nichtreligiöse Leistungserbringer berücksichtigt. Nur so kann sichergestellt werden, dass niemand aufgrund seiner Weltanschauung bevorzugt oder benachteiligt wird.

Hyperreligiöse Funktionäre sind die falschen Ansprechpartner für den Staat

Geht der Staat mit religiösen Organisationen Vereinbarungen ein, hat er zudem darauf zu achten, dass diese tatsächlich die Interessen der Mehrheit der Glaubensgemeinschaften, die sie zu vertreten behaupten, wahrnehmen. Gerade bei muslimischen Lobbyorganisationen zeigt sich, dass diese in Wirklichkeit oft nur eine kleine hyperreligiöse Minderheit repräsentieren. Die Erhebung des Bundesamts für Statistik verdeutlicht aber, dass die meisten Musliminnen und Muslime in der Schweiz ein distanziertes Verhältnis zur Religion haben – nur 22 Prozent von ihnen beantworten die Frage, ob sie sich selbst als religiöse Person bezeichnen, mit "sicher ja".

Die Veränderung der Weltanschauungslandschaft in der Schweiz

Die Broschüre Religiöse und spirituelle Praktiken und Glaubensformen in der Schweiz – erste Ergebnisse der Erhebung zur Sprache, Religion und Kultur 2019 des Bundesamtes für Statistik ist als PDF verfügbar.