BGer: "Partieller" Austritt aus der kath. Landeskirche bestätigt

Die Verweigerung des Austritts aus der Staatskirche würde zu einer verfassungswidrigen Zwangsmitgliedschaft für Katholiken führen, die nur die weltliche Organisation der Kirche ablehnen, hält das Gericht fest. Daher ergebe sich kein Recht, den Kirchenaustritt aus der Staatskirche an Vorbehalte oder Bedingungen - wie beispielsweise den Kontakt mit dem Generalvikar - zu knüpfen.

Im Übrigen sei ein Kirchenaustritt auch zulässig, um Steuern zu sparen, heisst es im Urteil. Allerdings erschiene ein solcher Austritt als rechtsmissbräuchlich, wenn die austretende Person die von der Landeskirche finanzierten Leistungen trotz des Austritts weiterhin uneingeschränkt beanspruche. Ein solches Verhalten müsste indessen von den Kirchenbehörden nachgewiesen werden.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht erweist sich demnach der Austritt aus der römisch-katholischen Landeskirche als ausreichend; eine gleichzeitige Aufgabe der römisch-katholischen Konfession darf vom Austrittswilligen nicht verlangt werden. Auf der Ebene des weltlichen Rechts liegt deshalb selbst dann ein vollständiger und nicht bloss ein partieller Austritt vor, wenn der Austretende weiterhin der römisch-katholischen Weltkirche angehören will.

 

(Urteil 2C_406/ 2011 vom 9. Juli 2012)

http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Frau-bleibt-katholisch-trotz-Kirchenaustritt/story/10334303