Sterbehilfe: Keine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes!

Sterbehilfe: Vernehmlassung der FVS

Vernehmlassungsfrist: 1. März 2010

Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz lehnt die beiden Vorlagen des Bundesrates ab.

Die Existenz von grossen Sterbehilfe-Selbsthilfeorganisationen beweist, dass hier ein Bedürfnis besteht.

Das Bundesgericht hat am 3. November 2006 ausdrücklich erklärt, das Recht eines Menschen, selber entscheiden zu dürfen, wann und wie er sterben wolle, sei Bestandteil des Selbstbestimmungsrechts eines Menschen im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Der bisherige Artikel 115 StGB trägt diesem Bedürfnis und dem Selbstbestimmungsrecht Rechnung.

Keine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes!

Beide Varianten des Bundesrates wollen das Selbstbestimmungsrecht der BürgerInnen massiv einschränken.

Variante 1 schränkt die Zulässigkeit auf Krankheiten mit unmittelbar bevorstehender Todesfolge ein und missachtet das Selbstbestimmungsrecht chronisch kranker Menschen, die mit dem schleichenden Wegfall ihrer Selbständigkeit konfrontiert sind.

Das zweifache ärztliche Gutachten stellt ebenfalls eine eklatante Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes und eine reine Schikane dar.

Die gesetzliche Einschränkung der Mittel auf jene mit ärztlicher Verordnung ist eine weitere unnötige Bevormundung.

Das Verbot des Erwerbszweckes ist angesichts des Aufwandes und der steigenden Nachfrage weltfremd und privilegiert die im Vorgang beteiligten organisationsfremden Ärzte.

Variante 2 verbietet die Selbsthilfeorganisationen und damit eine über Jahrzehnte gewachsene Selbsthilfe-Bewegung, die pragmatisch und einfühlsam mit dem Sterbewunsch umgeht.

Beide Vorlagen verweisen die Sterbewilligen faktisch auf den Weg des straflosen Suizides, der in der Regel mit Gewalt und grossem Leid für die Betroffenen, ihre Angehörige und auch Dritte (Polizei, Rettungsdienste, Zugführer etc.) verbunden ist.

Ein Rückschritt, der nicht zu verantworten ist!

Geltendes Gesetz

Art. 115 Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord

Wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmorde verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet, wird, wenn der Selbstmord ausgeführt oder versucht wurde, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe1 bestraft.

Vorschläge des Bundesrates

Variante 1

Art. 115

1 Wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Suizid verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet, wird, wenn der Suizid ausgeführt oder versucht wird, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.

2 Wer im Rahmen einer Suizidhilfeorganisation jemandem Hilfe zum Suizid leistet (Suizidhelfer), wird, wenn der Suizid ausgeführt oder versucht wird, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, es sei denn, die folgenden Voraussetzungen sind erfüllt:

a. Der Entscheid zum Suizid wird von der suizidwilligen Person frei gefasst und geäussert und ist wohlerwogen und besteht auf Dauer.

b. Ein von der Suizidhilfeorganisation unabhängiger Arzt stellt fest, dass die suizidwillige Person im Hinblick auf den Suizidentscheid urteilsfähig ist.

c. Ein anderer von der Suizidhilfeorganisation unabhängiger Arzt stellt fest, dass die suizidwillige Person an einer unheilbaren Krankheit mit unmittelbar bevorstehender Todesfolge leidet.

d. Mit der suizidwilligen Person werden andere Hilfestellungen als der Suizid erörtert und sie werden, soweit von ihr

e. Die Suizidhandlung wird mit einem ärztlich verschriebenen Mittel ausgeführt.

f. Der Suizidhelfer verfolgt keinen Erwerbszweck.

g. Die Suizidhilfeorganisation und der Suizidhelfer erstellen über den Suizidfall gemeinsam eine vollständige Dokumentation.

3 Die für eine Suizidhilfeorganisation verantwortliche Person wird nach Absatz 1 bestraft, wenn:

a. der Suizidhelfer im Einvernehmen mit ihr zum Suizid Hilfe leistet, obschon eine in Absatz 2 genannte Voraussetzung nicht erfüllt ist, oder

b. wenn die Suizidhilfeorganisation von der suizidwilligen Person oder von ihren Angehörigen geldwerte Leistungen erhält; ausgenommen sind Mitgliederbeiträge und Zuwendungen, die mindestens ein Jahr vor dem Tod ausgerichtet oder verfügt wurden.

4 Sie wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn:

a. sie vorsätzlich die erforderliche Sorgfalt bei Auswahl, Instruktion oder Kontrolle des Suizidhelfers ausser Acht lässt; und

b. der Suizidhelfer ohne Wissen der verantwortlichen Person zum Suizid Hilfe leistet, obschon eine Voraussetzung nach Absatz 2 nicht erfüllt ist.

5 Handelt sie in einem Fall von Absatz 4 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Variante 2

Art. 115

Wer aus selbstsüchtigen Beweggründen oder im Rahmen einer Suizidhilfeorganisation jemanden zum Suizid verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet, wird, wenn der Suizid ausgeführt oder versucht wird, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.

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